Foto: Alex Fuchs

Black Diamond präsentiert: Ticino Gravity

Black Diamond lädt dich ein, in eines der schönsten Bouldergebiete der Welt – das Tessin in der Schweiz. Ticino Gravity erkundet, worum es beim Bouldern wirklich geht, und gibt Einblicke in die Geschichte und Hintergründe des Boulderns. Seit Jahrzehnten zieht diese magische Region Kletterer aus aller Welt in ihren Bann. Darunter Legenden und Pioniere, die in den Tessiner Boulderblöcken nicht nur persönliche Herausforderungen, sondern auch eine tiefe Verbindung zur Natur und zur Klettercommunity gefunden haben. Ticino Gravity ist ein Aufruf, dieses einzigartige Naturjuwel zu schützen und zu erhalten. Begleite die Black Diamond Athleten bei einer neuen Erstbegehung und lass dich von der Vielfalt des Tessins inspirieren. 

Release Date: 11.04.2024

Viele Kletterer werden von der Anziehungskraft der Tessiner Boulderblöcke angezogen. Bereits in den 80er Jahren erwies sich der magnetische Reiz der Schweizer Gegend als unwiderstehlich, wie Richi Signer, Sportkletterer und Boulderer der ersten Stunde, bestätigt: “Mir stachen die unzähligen Blöcke mit feinster Oberflächen-Textur ins Auge. Meine Herzfrequenz erhöhte sich augenblicklich, meine Augen galten nur noch dem enormen Bouldermöglichkeiten.”   

40 Jahre später geht es Black Diamond Athlet Kim Marschner ähnlich: “Ich verliebte mich sofort in das Tessin und wusste, dass ich in diesem Bouldergebiet Zeit verbringen wollte, um legendäre Klassiker zu wiederholen und neue Boulder zu erschlißen. 

Für unseren Athleten Kim Marschner und Ambassadorin Kaddi Lehmann ist das Tessin fast zu einer zweiten Heimat geworden. Sie zeigen euch, woher ihre Liebe zu diesem Gebiet kommt, und nehmen euch mit auf eine Reise in eines der besten und bekanntesten Bouldergebiete der Welt – das Tessin. Mit seinen Weltklasse-Bouldergebieten wie Chironico, Cresciano, Callanca, Brione und Valle Bavona, wo Bouldergeschichte geschrieben wurde. Sie treten in die Fußstapfen von Claudio Cameroni, Fred Nicole, Bernd Zangerl, Thomas «Steini» Steinbrugger, Michi und Ivan Tresch, um nur einige zu nennen. Deshalb trafen sie sich auch mit Richi Signer, einem der ersten Visionäre, der das Potenzial des Boulderns in Chironico erkannte.  

Black Diamond hat Erfahrungen von Richi Signer in «Kleine persönliche Reise in die Frühzeit des Boulderns im Tessin» und von Kim Marschner in «Embrace Gravity – eine Geschichte über das Bouldern im Tessin» gesammelt. 

Ticino Gravity ist nicht nur eine Hommage an das Tessin und das Bouldern, sondern auch ein Aufruf zum Handeln, um mehr über die heiklen Zugangsprobleme, die örtliche Kultur und über unsere eigene Klettercommunity zu erfahren, damit wir zusammen diese schönen Plätze bewahren, die wir so lieben. 

Kletterregeln für das Tessin : 

  • Kein offenes Feuer 
  • Örtliche Zugangs- und Kletterregeln beachten 
  • Parkregeln und Parkgebühren beachten 
  • Respektiere die Natur 
  • Keine Privatgrundstücke betreten 
  • Respektvoller Umgang mit Einheimischen und anderen 
  • Griffe und Tritte nicht beschädigen 
  • Tick Marks und Chalk wegbürsten 
  • Keinen Müll hinterlassen 
  • Lokale Unternehmen unterstützen (lokal einkaufen) 
  • Hunde bitte an die Leine

 

STORY DE 

Kims ganze Geschichte über seine Erfahrungen auf seiner letzten king line und Erstbegehung:  

Embrace Gravity – eine Geschichte über das Bouldern im Tessin 

Das erste Mal war ich 2016 im Tessin. Damals wurde ich 18 und durfte endlich Auto fahren. Ich kaufte meinen ersten Bus, lud zwei Freunde ein und dann fuhren wir in die Schweiz. 

Ich verliebte mich sofort in das Tessin und wusste, dass ich in diesem Bouldergebiet Zeit verbringen wollte, um legendäre Klassiker zu wiederholen und neue Boulder zu erschließen. 

Schon bald richtete sich meine Aufmerksamkeit auf das Val Bavona. Das ist ein Seitental des Valle Maggia, und als ich zum ersten Mal dort hinfuhr, war ich überwältigt von der unglaublichen Menge an Boulderblöcken. Man fährt dieses enge Tal hinauf, und gleich am Anfang befinden sich links und rechts der Straße ganze Felder mit Felsblöcken. Das Besondere an Bavona ist, dass die meisten der erschlossenen Boulderprobleme 8a oder schwieriger sind. In diesem kleinen Tal gibt es über zehn mit 8C und schwerer bewertete Boulderprobleme. Ich kenne keinen anderen Ort auf der Welt, wo das so ist.  

Ich bin stunden- und tagelang durch den Wald und die Hügel hinaufgewandert, um nach Boulderblöcken zu suchen.  Mich motiviert der Gedanke, den einen Boulder zu finden, der sich von allen anderen abhebt. Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht einmal, wie dieser Boulder aussehen sollte. Auf jeden Fall sollte er hoch und schwer sein, überhängend, mit klaren Strukturen. Aber letztlich ist es schwer, sich diesen Boulderblock vorzustellen, und deshalb werde ich immer weitersuchen und wahrscheinlich nie damit aufhören.   

Letztes Jahr haben Jimmy Webb und sein Freund Roman diesen wirklich coolen Felsblock ganz oben im Tal gefunden. Sie haben mich eingeladen, den Boulder gemeinsam zu versuchen. Es ist eine große überhängende Wand mit verrückten Strukturen. Ehrlich gesagt kommt sie dem perfekten Boulder, der mir vorschwebt, schon ziemlich nahe. Aber wie schon gesagt, ich möchte immer etwas noch Größeres finden. 

Jimmy kletterte bald eine Linie auf der linken Seite des Blocks und nannte sie „The New Abnormal“. Es ist ein großartiger 8B+/C Boulder, der aber bei kleiner Körpergröße schwieriger ist. Mein Fokus lag eher auf dem rechten Ausstieg des Boulders, denn bei dieser Linie spielte die Körpergröße keine wirkliche Rolle. 

Aber letztes Jahr konnte ich den entscheidenden Zug nicht bis zum Saisonende klettern 

Dieses Jahr bin ich mit dem Ziel zurückgekehrt, den Boulder zu knacken. Schon am zweiten Tag in Bavona trug ich alle meine Crashpads dorthin und startete einen neuen Anlauf. Ich fand schnell heraus, dass die Züge, die ich letztes Jahr versucht hatte, nicht funktionierten. Also suchte ich nach einem anderen Weg. Anstatt von einem kleinen leistenartigen Loch zu einer flachen Leiste zu schnappen, fand ich einen Toehook für den rechten Fuß sowie eine Möglichkeit, mit dem linken Fuß hoch anzusteigen, sodass ich diesen Zug statisch halten konnte. Nach vielen Versuchen habe ich den Zug schließlich zum ersten Mal geschafft. Das Spiel geht weiter! 

Beim nächsten Mal fühlte ich mich müde und konnte den Zug nicht mehr klettern. Etwas frustriert beschloss ich, zwei Ruhetage einzulegen und es mit neuer Energie zu versuchen. Mein Plan ging auf, und ich konnte den Zug wiederholen, aber ich war immer noch nicht in der Lage, den Start mit ihm zu verbinden. Beim nächsten Mal waren die Bedingungen besser, die Haut an meinen Fingern war top und ich fühlte mich stark. Nachdem ich mich gründlich aufgewärmt hatte war ich bereit, es zu versuchen, aber ich stürzte wieder an der Schlüsselstelle. Wenn man von unten kommt, ist es wirklich schwer, das schmale Loch auf die richtige Art und Weise zu greifen, und das macht den Zug noch anspruchsvoller. Ein weiterer Versuch, der nächste Sturz. Nochmal – wieder nichts. Ich merkte, dass ich müde wurde und es Zeit für eine Pause war. Ich lief hinunter zum Parkplatz und wärmte mich in meinem Wagen auf. Ein kleiner Snack für etwas Energie und dann war ich bereit, es ein letztes Mal zu versuchen. 

Ich kletterte zur Schlüsselstelle, erwischte das Loch perfekt, setzte meinen linken Fuß, platzierte den rechten Toehook und zog so fest wie ich konnte. Ich habe es gerade noch geschafft, die nächste Leiste zu erwischen, doch dann wurde mir klar, dass ich jetzt nur noch durchhalten musste. Nach diesem Zug ist es immer noch nicht vorbei, aber ich hatte die Sequenz ziemlich gut einstudiert und wusste, dass ich es schaffen konnte.   

Wenige Sekunden später hatte ich „Embrace Gravity“, 8B+, durchstiegen – als Erstbegehung. Was für ein Gefühl! 

Kim Marschner  

BD Athlet  

STORY CH 

Kleine persönliche Reise in die Frühzeit des Boulderns im Tessin – Richi Signer 

Richi Signer, geboren ’58 in der Schweiz, ist ein Sportkletterer und Boulderer der ersten Stunde. Auch heute noch, im Ruhestand, verbringt er die meiste Zeit seiner Freizeit mit Klettern oder der Suche nach neuen Bouldern. 

Er war einer der ersten Kletterer, der das unendliche Boulderpotential im Tessin entdeckte, er liebt die Einfachheit dieser Aktivität, lese hier seine Geschichte über das Tessin: 

1982/83 forderte mich ein bohrfreudiger von Café-Latte und Vino-Rosso begeisterter Kletterkumpel auf, ihm in die Sonnenstube der Schweiz zu folgen. Das Neutourenpotenzial sei enorm und eine helfende Hand beim Bohren (von Hand!) sei immer willkommen. Bei einer Inspektion einer Wand oberhalb von Cresciano stachen mir die unzähligen Blöcke mit feinster Oberflächen-Textur ins Auge. Meine Herzfrequenz erhöhte sich augenblicklich, meine Augen galten nur noch dem enormen Bouldermöglichkeiten. Schon wenige Wochen später tauchte ich endgültig in diesen einzig durch ein paar Ziegen gestörten Block-Kosmos ein. Keine Namen, keine Tickmarks, keine Pfeile wiesen den Weg, einfach eine grosse persönliche Spielwiese. Apropos Namen, Bewertungen: Namen manchmal und Bewertungen gab’s nur zwei, entweder kommst du hoch oder eben halt nicht. Den Wald von Cresciano zu durchstreifen, nur mit einem paar Kletterfinken (*Kletterschuhe), einem Lappen, einem Chalkbag ausgerüstet…was gab es Schöneres! 

Nur 2 Jahre später, wieder durch einen Zufall, die Entdeckung von Chironico, das nächste Block-Universum. Gleich beim ersten Boulder, am heutigen „Borderline“ Block, brach mir ein Griff aus und ich landete etwas unsanft am Boden. In einer Zeit ohne Crashpad (sie sollten erst Ende der Neunziger zum Standard werden) und ohne Spotter, eine eher unangenehme Angelegenheit. Die Erfahrung mit Griffausbruch und des vielfach eher ungünstige Sturzraumes schränkten dann meine Besuche doch auf einige wenige Male ein, galt doch meine Präferenz nach wie vor eindeutig Cresciano. Guter Absprung und im Winter mehr Sonne, denn der Winter war eindeutig meine Hauptbesuchszeit. Ein Parkour mit rund fünfzig Boulder durch das „ganze“ Gebiet gehört auch heute, nach vierzig Jahren, zu meinen liebsten Zielen. Gegen Ende der achtziger Jahre überraschten mich hier in Cresciano fremde Magnesiaspuren, also musste da noch jemand anderes unterwegs sein. 

Anfang der Neunziger weilte Fred Nicole mit Freunden und Locals in Cresciano unter anderm auch zum Sportklettern. Auch ihm fiel das Boulderpotenziall und das gute Absprunggelände sofort ins Auge. Im Nachbargebiet Osogna gelang ihm 1994 mit „Rêve de Mario“ der erste 8a Boulder im Tessin. Mit der Namensgebung löste sich für mich auch das Rätsel um die geheimnisvollen Chalkspuren. Mario Ferrari war anscheinend auch schon in den achtziger Jahren vom Boulder-Virus gepackt. So eröffnete er bereits 1985 mit der „Traverse di Mario“ einen 7a+ Quergang in Osogna. 

1996 kehrte ich mit Andreas Luisier wieder mal nach Chironico zurück und erkundeten auch den unteren Teil, heute „Rah Plats Plats“. Andreas markierte einige „neue“ Boulder mit kleinen Pfeilen, wie er es aus dem Basler Jura gewohnt war. Diese Pfeile erregten ein paar Jahre später die Aufmerksamkeit der Gebrüder Tresch und über meine Bekanntschaft mit Fred Nicole schloss sich der Kreis wieder, war doch die Boulder-Szene relativ klein. Man wusste voneinander, lief sich immer wieder über den Weg und hörte ab und zu dies und jenes. Die erste Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum fiel auf das Jahr 2000 (Rotpunkt Magazin 3/2000) bzw. im französischsprachigen 1999 (Rock n`Wall). 

Spätestens mit diesen Veröffentlichungen, der internationalen Präsenz und Bekanntheit von Fred Nicole und dem Aufkommen von Crashpads kannte die Erschliessung, unter internationaler Beteiligung ab dem Jahr 2000 kein Halten mehr. Weitere Top Boulder-Destinationen im Tessin, wie Brione, Calanca und Bavona folgten und das Potential scheint nach wie vor unerschöpflich. 

Leider sind, wie in vielen Gebieten, auch die Konflikte „Alltag“ geworden. Bouldern ist weltweit, auch dank der Hallen, zum Breitensport geworden und in vielen Gebieten ist es mit der Ruhe vorbei. So schön es ist, wenn Leute in der freien Natur ihrem Lieblingssport nachgehen, so problematisch ist das Verhalten einzelner. Mangelnder Respekt gegenüber der Natur, den Boulderns und der lokalen Bevölkerung muss nicht sein.